Zukunftsfähige, aufeinander aufbauende Visionen für eine nachhaltige, gerechte und friedliche Weltordnung

Quelle: Transkription des Briefes von Einstein an Gandhi, überreicht am 27.9.1931 in Caputh an den Vater der Inderin Saraswati Albano-Müller (geb. Sundaram), die in ihrer Kindheit Gandhi in ihrem Elternhaus in Indien oft erlebt hat und in ihrem Haus in Schwelm/NRW Philosophische Gastmahle im Geiste von Gandhis interkulturellen Humanismus veranstaltete.
Quelle: Einsteins Brief und Gandhis Antwort; 
siehe auch: Einstein würdigt Gandhis welthistorische Leistung für den Weltfrieden in einem handschriftlichen Entwurf in deutscher Sprache.

Seit vielen Jahren engagieren sich Erdball-Fans in Liebe zur Natur und im Geiste einer Neuen Aufklärung für zukunftsfähige Visionen auf unserem Heimatplaneten:

  • für ein planetarisches Bewusstsein und einen interkultureller Humanismus als weltanschaulicher Minimalkonsens in der Vielfalt der Kulturen,
  • für globale ethische Werte als ethischer Minimalkonsens in der Vielfalt der Kulturen, wie sie in der „Erdcharta“ und im „Weltethos“ zur Unterstützung der Menschenrechte bereits vorliegen,
  • für Weltinnenpolitik bzw. Erdpolitik als weltpolitischer Minimalkonsens in Form von Weltverträgen in Anbetracht großer globaler Bedrohungen,
  • für eine weltweite Ökosoziale Marktwirtschaft im Rahmen der planetaren Grenzen,

mit dem Ziel eines friedlichen Zusammenlebens der Erdenkinder im Einklang mit der Natur:

Wie merkwürdig ist die Situation von uns Erdenkindern!
Für einen kurzen Besuch ist jeder da […]

Albert Einstein

„Liebe Nachwelt!
Wenn ihr nicht gerechter, friedlicher und überhaupt vernünftiger sein werdet als wir sind, bzw. gewesen sind, dann soll euch der Teufel holen.”

Albert Einstein

Kurzerläuterung zu den Zukunftsvisionen

Planetarisches Bewusstsein

Die Gedanken der Astronauten verschiedener Kulturen beim Anblick der Erde aus dem All in dem Bildband „Der Heimatplanet“ spiegeln bereits ein planetarisches Bewusstsein genauso wider wie die ersten beiden Sätze in Albert Einsteins Buch „Mein Weltbild“, in denen er von uns „Erdenkindern“ und von unserem „kurzen Besuch“ auf unserem Heimatplaneten spricht. Aus diesen Makroperspektiven kommt das im schwarzen Nichts gleitende „Raumschiff Erde“ mit seiner Natur- Lebens- und Kulturvielfalt ins Bewusstsein, die im drastischen Kontrast zum leblosen Mond steht. Durch „geistiges Zoomen“ können auch wir dieses planetarische Bewusstsein aufspüren.

Interkultureller Humanismus

Interkultureller Humanismus bezeichnet eine Haltung, die der Vielfalt der Weltanschauungen, Kulturen und Religionen mit Respekt begegnet und ein menschenwürdiges, friedliches Zusammenleben im Einklang mit der Natur anstrebt. Ein friedliebender Humanismus findet sich in allen Kulturen und Religionen wieder, allerdings auch viel Gewalt, Hass, Überheblichkeit, absoluter Wahrheitsanspruch.

Weltethos

Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hans Küng veröffentlichte 1990 sein Buch „Projekt Weltethos“, das auf der Grundidee beruht, in der Vielfalt der Religionen, Kulturen und Weltanschauungen einen ethischen Minimalkonsens aufzufinden, der die Grundlage für das Zusammenleben auf unserem „Heimatplaneten“ bilden könnte. Zu diesem weltethischen Minimalkonsens gehört die bekannte Goldene Regel: „Was du nicht willst, das man dir tut, das füg auch keinem anderen zu“, die es in ähnlichen Formen in allen Religionen gibt. Zum Minimalkonsens gehören auch grundlegende Weisungen zur Gewaltfreiheit, Solidarität, Wahrhaftigkeit und gleichberechtigte Partnerschaft. Die Weltethos-Idee findet weltweit prominente Unterstützung wie z.B. durch: UN-Generalsekretär Kofi Annan, Altbundespräsident Horst Köhler, Altbundeskanzler Helmut Schmidt, Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu, Altbundespräsident Richard von Weizsäcker, den Physiker, Philosophen und Universalgelehrten Carl Friedrich von Weizsäcker um nur einige zu nennen, aber auch durch das Parlament der Weltreligionen und den InterAction Council ehemaliger Staats- und Regierungschefs (http://www.interactioncouncil.org ). Seit 1995 engagiert sich die Stiftung Weltethos für die Ausbreitung der Weltethosidee als moralische Basis für Weltpolitik, Weltwirtschaft, Weltzivilgesellschaft z.B. über die Bildung. Die Weltethos-Idee bildet eine interkulturelle moralische Unterstützung der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ der UNO (1948).

Siehe auch: www.weltethos.org

Erdcharta

Auch die Erdcharta bildet eine globale moralische Grundlage für das Zusammenleben auf unserem Heimatplaneten, die besonders das Prinzip der Nachhaltigkeit akzentuiert. Das Anliegen der Erdcharta wird schon in der Präambel deutlich:

„PRÄAMBEL
Wir stehen an einem kritischen Punkt der Erdgeschichte, an dem die Menschheit den Weg in ihre Zukunft wählen muß. Da die Welt zunehmend miteinander verflochten ist und ökologisch zerbrechlicher wird, birgt die Zukunft gleichzeitig große Gefahren und große Chancen. Wollen wir vorankommen, müssen wir anerkennen, dass wir trotz und gerade in der großartigen Vielfalt von Kulturen und Lebensformen eine einzige menschliche Familie, eine globale Gemeinschaft mit einem gemeinsamen Schicksal sind. Wir müssen uns zusammentun, um eine nachhaltige Weltgesellschaft zu schaffen, die sich auf Achtung gegenüber der Natur, die allgemeinen Menschenrechte, wirtschaftliche Gerechtigkeit und eine Kultur des Friedens gründet. Auf dem Weg dorthin ist es unabdingbar, dass wir, die Völker der Erde, Verantwortung übernehmen füreinander, für die größere Gemeinschaft allen Lebens und für zukünftige Generationen.“

Zu den prominenten Unterstützern der Erdcharta gehören Michail Gorbatschow und die von ihm 1992 gegründete Organisation Green Cross International http://www.gcint.org , der Dalai Lama, die Tier- und Umschutzaktivistin Jane Goodall, die Friedensnobelpreisträgerin Wangari Maathai, der Ex-Weltumweltminister Prof. Dr. Dr. h.c. Klaus Töpfer, die Ökologin Christine von Weizsäcker. Auch Papst Franziskus hebt die Erdcharta in seiner Nachhaltigkeits-Enzyklika „Laudato Si“ positiv hervor.

Die nur 5-seitige fantastische Erdcharta unter: http://erdcharta.de/fileadmin/Materialien/Erd-Charta_Text.pdf

Siehe auch: Video zur Erdcharta und http://erdcharta.de

Weltinnenpolitik

Der Physiker, Philosoph, Friedensforscher und Universalgelehrte Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Carl Friedrich von Weizsäcker prägte 1963 den Begriff Weltinnenpolitik“. Aus der Perspektive eines planetarischen Bewusstseins werden die „Außenpolitiken“ der Staaten als noch ungeregelte „Welt-Innenpolitik“ auf unserem Heimatplaneten wahrgenommen. Die drohende Klimakatastrophe, die Vernichtung der Artenvielfalt, die Kriege (ggf. mit Massenvernichtungswaffen), die fehlgeleiteten weltweiten Finanzströme, die Weltarmut, der Terrorismus und viele andere globale Probleme erfordern zur deren Lösung zukunftsfähige globale Regelungen, die noch ausstehen. Die sehr unvollkommene UNO bildet dafür immerhin ein Forum, das allerdings einer grundlegenden Reform bedarf.

Erdpolitik

Der Nachhaltigkeitsexperte und gegenwärtige Ko-Präsident des Club of Rome Prof. Dr. Dr. h.c. Ernst Ulrich von Weizsäcker schrieb 1989 das Buch „Erdpolitik – Ökologische Realpolitik an der Schwelle zum Jahrhundert der Umwelt“ und stellte später selbst die Beziehung zum Begriff „Weltinnenpolitik“ seines Vaters her: Erdpolitik lässt sich definieren als Weltinnenpolitik unter besonderer Akzentuierung einer globalen Umweltpolitik in Anbetracht der weltweiten ökologischen Krise. Weltinnenpolitik und Erdpolitik zielen auf eine Überwindung nationalstaatlicher Souveränität zu Gunsten „weltinnenpolitischer“/ “erdpolitischer“ Regelungen und Lösungen der Weltprobleme auf transnationaler Ebene, z.B. der UNO.

Weltweite Ökosoziale Marktwirtschaft

Im Kontrast zum Bekenntnis des ultraliberalen Wirtschafts- Fundamentalismus´, der in erster Linie auf eine Profitsteigerung und Gewinnmaximierung zielt und sich von Regelungen durch die Politik möglichst weitgehend „neoliberal“ befreien will (Wirtschaftsnobelpreisträger (1976) Milton Friedman: „The social responsibility of business is to increase its profits.“, „The business of business is business.“) mit der Folge, dass die Umwelt immer mehr zerstört wird, die Ungleichheit zunimmt und die Reichen immer reicher werden, sieht sich die Ökosoziale Marktwirtschaft ( Ökologisch-soziale Marktwirtschaft) den Werten Nachhaltigkeit und globale Gerechtigkeit verpflichtet und fordert zur Realisierung dieser Werte von der Politik einen ordnungspolitischen Rahmen.

Zu den Unterstützern der Ökosozialen Marktwirtschaft gehören u.a.:

der Begründer der Friedensforschung Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Johan Galtung, der Öko-Philosoph Prof. Dr. Vittorio Hösle, der Theologe Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hans Küng, der Mathematiker und Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Dr. Dr. h. c. Franz Josef Radermacher, der österreichische Ex-Vizekanzler Josef Riegler, der Ex-Weltumweltminister Prof. Dr. Dr. h.c. Klaus Töpfer, der Nachhaltigkeitsexperte Prof. Dr. Dr. h.c. Ernst Ulrich von Weizsäcker und als Organisationen die Global Marshall Plan Initiative und das Ökosoziale Forum.

Das planetarische Bewusstsein und der interkulturelle Humanismus bilden einen weltanschaulichen Rahmen für Weltethos und Erdcharta, die den moralischen Rahmen für Weltinnenpolitik und Erdpolitik und diese wiederum in Verbindung mit den Menschenrechten den politischen Rahmen für eine weltweite Ökosoziale Marktwirtschaft bilden. Diese aufeinander aufbauenden Zukunftsvisionen zielen auf ein Zusammenleben auf unserem Heimatplaneten im Einklang mit der Natur und in der Vielfalt der Kulturen.

Einleitung zum Vortrag  von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel zum Thema

Weltinnenpolitik und ökosoziale Marktwirtschaft“

bei der 2. Jubiläumsveranstaltung am 27. Oktober 2008
Klaudius Gansczyk

Sehr geehrter Herr Bundesumweltminster Gabriel, liebe Jubiläumsgäste,

vor 10 Jahren startete unsere Zukunftsveranstaltungsreihe als Nachwirkung der Weltinnen-Politik-Tagung im Schloss Tutzing am Starnberger See, die den Physiker, Philosophen, Friedensforscher und Universalgelehrten Carl Friedrich von Weizsäcker anlässlich seines  85. Geburtstages ehrte.

Dessen Sohn Ernst Ulrich von Weizsäcker mahnte und warnte uns zum 5-jährigen Jubiläum am 26. Februar 2003 von diesem Rednerpult aus unter der Fragestellung „Wer kümmert sich um unsere Zukunft?“ vor dem neoliberalen Globalisierungswahn, der die Demokratie und die Nachhaltigkeit der Zukunft bedrohe. Die letzten beiden Sätze aus seinem Buch Erdpolitik von 1989, mit dem er seit fast 20 Jahren eine ökosoziale Marktwirtschaft anstrebt, prägen –  in großer Schrift über einem riesigen Foto von unserem blauen Planeten – seit 1997 die pädagogische Atmosphäre des Neubaus des Theodor-Heuss-Gymnasiums:

„Die Erde verdient es, daß wir sie als unsere Heimat ansehen.
Die Heimat, das wissen alle Kulturen, zerstört man nicht.“

Seinem Vortrag folgte damals ein 2. Vortrag von Prof. Hajo Schmidt, der uns vor dem Irak-Kriegswahn und dessen Folgen warnte. Drei Wochen später brach der völlig unlegitimierte, wahnsinnige Irakkrieg aus. Seit vielen Jahren kämpft Professor Schmidt zusammen mit dem weltberühmten Friedensforscher und Konfliktschlichter Professor Johan Galtung für einen „Frieden mit friedlichen Mitteln“. Herrn Schmidt verdanken wir, dass auch Johan Galtung uns 2 Mal mit seinen tiefgründigen Ausführungen zum „Frieden mit friedlichen Mitteln“ bereicherte. Lieber Herr Schmidt, ganz herzlichen Dank, dass Sie heute unter uns sind.

Sehr geehrter Herr Bundesumweltminister Gabriel. In der Bochumer Jahrhunderthalle durfte ich letztes Jahr zum Thema „Herausforderung Zukunft“ Ihr Podiums-Gespräch mit Michail Gorbatschow und Franz Alt genießen. Gorbatschow, dessen Beendigung des Kalten Krieges durch einen Frieden mit friedlichen Mitteln mit den Worten gewürdigt wurde: „Das war das dollste in der Weltgeschichte“,  kritisierte scharf, dass die Goldene Milliarde der Menschheit das ökologische System der Erde überlaste, während  3 Milliarden der  Erdenbürger von 1-2 € pro Tag leben müssen und 1 Milliarde Menschen noch nicht einmal einen Zugang zum Wasser haben, so dass in Zukunft Weltkriege um Wasser ausbrechen können. Sie ergänzten, dass 1,6 Milliarden Erdenbürger gar keinen Zugang zur Energie haben und weckten die Hoffnung: Vielleicht könne die Sonne in der Sahara die Nachfolge vom Erdöl antreten. Franz Alt wies auf die von Gorbatschow unterstützte Erdcharta hin, die wie Hans Küngs Weltethosidee eine moralische Grundlage für das Zusammenleben auf unserem Heimatplaneten bietet.

Gorbatschow geißelte die Kluft zwischen den im Jahre 2000 von allen Staatschefs versprochenen Millennium-Zielen zur Bekämpfung des Elends in der Welt – einerseits –  und der fehlenden Umsetzung aus angeblichem Mangel an Geld – andererseits.  Sie forderten soziale und ökologische Standards auch im Welthandel durch entsprechende nachhaltige Welthandelsabkommen 

Gorbatschow lobte Sie daraufhin mit den Worten: „Ich habe heute den deutschen Bundesumweltminister kennen gelernt. Die letzten Worte haben mir sehr gut gefallen.“ Das Ziel müsse also sein, Ökonomie und Ökologie durch gemeinsame weltweite ökologische und soziale Standards,  durch Weltverträge einer Weltinnenpolitik, für die Gorbatschow in seinem Buch „Das Neue Denken seit 1997“ plädiert, zu versöhnen.

Genau solch eine Versöhnung von Ökonomie und Ökologie durch eine ökosoziale Marktwirtschaft auf  weltethischer und weltinnenpolitischer Basis  thematisieren diese Bücher: Towards a World in Balance/European Hope, zu denen alle Referenten unserer Hagener Zukunftsveranstaltungen und weitere renommierte Autoren wie Kofi Annan, Franz Alt, Hans-Peter Dürr, Michail Gorbatschow, Hans Küng, und viele andere beigetragen haben. Franz Alt hat diese Bücher in Bochum Michail Gorbatschow überreicht.

[Nachträgliche Anmerkung: Klaudius Gansczyk hat bei diesem Anlass in der Bochumer Jahrhunderthalle ein Dankes- und Glückwunschschreiben in russischer Sprache an Gorbatschow persönlich überreicht, der es unmittelbar nach dem Überreichen gelesen hat; Deutsche Übersetzung des Schreibens]

Vielleicht erinnern Sie sich, sehr geehrter Bundesminister Gabriel, dass ich diese Bände – nach der Podiumsdiskussion – auch Ihnen überreichen konnte.

Wenn Sie nun, ein Jahr später,  – dank Herrn Röspel – hier zum Thema „Weltinnenpolitik und Ökosoziale Marktwirtschaft“ gleich sprechen werden, so erscheint mir dies nach Beendigung des neoliberalen Abzocker-Wahns durch die Bankenkrise als hoffnungsvoller Wink für die Zukunft.  Bei der Bochumer Zukunftsveranstaltung forderten Sie:  „Lasst uns um die Amerikaner kämpfen“. Hotel Adlon Berlin hat die Bände „Towards a World in Balance/European Hope“ freundlicherweise an seinen Gast, den US-Präsidentschaftskandidaten Barack Obama, weitergeleitet, zusammen mit einem Brief, der die Hoffnung auf ein CHANGE in Richtung einer Weltinnenpolitik und einer Ökosoziale Marktwirtschaft ab Januar 2009 zum Ausdruck bringt.

Ich beende meine Einleitung mit einem Grußwort von Ernst Ulrich von Weizsäcker, der gestern in Rostock als „Krönung seiner umweltpolitischen Laufbahn“ den bedeutendsten Umweltpreis Europas erhielt und uns per E-Mail  aus Rostock schrieb:

„Ich wünsche der Hagener Jubiläumsveranstaltung mit Bundesumweltminister Sigmar Gabriel zum Thema „Weltinnenpolitik und Ökosoziale Marktwirtschaft“,  das für das Überleben und Wohlleben auf unserem Heimatplaneten so zukunftsbedeutsam ist,   einen guten Verlauf und nachhaltige Fortwirkungen.   

Mit herzlichem Gruß
Ernst Ulrich von Weizsäcker“

 Sehr geehrter Herr Bundesminister Gabriel: Wir freuen uns auf Ihren Jubiläumsvortrag aus der Sicht der politischen Praxis.

Ausführlichere Darstellung der Zukunftsvisionen in einem Aufsatz



Interkultureller Humanismus als Hoffnung für das 21. Jahrhundert

Klaudius Gansczyk/Prof. Dr. Ram Adhar Mall (Ehren-und Gründungspräsident der Gesellschaft für interkulturelle Philosophie)
in: Global Marshall Plan Initiative (Hg.): „HOFFNUNG EUROPA – Strategie des Miteinanders“ (deutsch)  und in: „Towards a World in Balance“ (englisch), Hamburg 2006

Die sieben Todsünden der Menschheit:

  1. Reichtum ohne Arbeit
    2. Genuß ohne Gewissen
    3. Wissen ohne Charakter
    4. Geschäft ohne Moral
    5. Wissenschaft ohne Menschlichkeit
    6. Religion ohne Opfer
    7. Politik ohne Prinzipien

Mahatma Gandhi1

 

 „Verehrter Herr Gandhi,  

ich benutze die Anwesenheit Ihres Freundes in unserem Hause, um Ihnen diese Zeilen zu senden. Sie haben durch Ihr Wirken gezeigt, dass man ohne Gewalt Großes selbst bei solchen durchsetzen kann, welche selbst auf die Methode der Gewalt keineswegs verzichtet haben. Wir dürfen hoffen, dass Ihr Beispiel über die Grenzen Ihres Landes hinaus wirken und dazu beitragen wird, dass an die Stelle kriegerischer Konflikte Entscheidungen einer internationalen Instanz treten, deren Durchführungvon allen garantiert wird. Mit dem Ausdruck aufrichtiger Bewunderung“ –

Albert Einstein2

„Ich mache aber mal die Fiktion, die Phantasie, in tausend Jahren werde es noch eine Menschheit geben, die sogar noch etwas von der Geschichte weiß. An wen, wenn es ein einziger Mensch in unserem Jahrhundert ist, wird man sich positiv erinnern? So würde ich sagen: Mahatma Gandhi, der vorgeführt hat, dass man politische Ziele gewaltlos erreichen kann.“

Carl Friedrich von Weizsäcker3

Die Wertschätzungen, die der jüdische Physiker Albert Einstein und der christliche Physiker, Philosoph und Friedensforscher Carl Friedrich von Weizsäcker dem hinduistischen Politiker Mahatma Gandhi erweisen, deuten auf einen interkulturellen Humanismus hin, der unserer Auffassung nach innerhalb einer weltweiten Vielfalt von Religionen und Weltanschauungen als Orientierung für das 21. Jahrhundert dienen könnte und sollte. Unter Humanismus ist hier ein Streben nach echter Menschlichkeit, nach edlem, menschenwürdigen Denken, Fühlen und Handeln, nach Humanität zu verstehen. Nicht nur als Gebot der Vernunft, sondern auch als Gebot des Mitgefühls und nicht in anthropozentrischer Verengung, sondern auch unter Einbeziehung der Natur. „Interkultureller“ Humanismus bezeichnet dann eine Geisteshaltung, die darauf zielt, dass Humanität in allen Kulturen auffindbar ist. Aus den verschiedenen Kulturen lässt sich daher ein weltanschaulicher Minimalkonsens gewinnen, der als verbindliche Basis für das Zusammenleben auf unserem Planeten dienen und als solche akzeptiert werden kann.4

Gandhi wird von vielen als eine der Symbolfiguren eines interkulturellen Humanismus wahrgenommen. Seine Lebensphilosophie5 wurde aus verschiedenen Quellen gespeist. Neben der indischen Tradition einschließlich des Buddhismus und des Jainismus, einer Weltanschauung, die auf absoluter Gewaltfreiheit auch gegenüber Tieren beruht, flossen in seinen Hinduismus die Gedanken der Parsen, der Christen und der Muslime ein. Gandhi gestand, dass er vom Westen viel gelernt habe, vom Jesus der Bibel, dem er folgen wollte, ohne den kirchlichen Anspruch auf die alleinige Sohnschaft Gottes anzunehmen, von Leo Tolstoi, den er verehrte, von den griechischen Klassikern Sokrates und Platon, die ihn beeindruckten, und von vielen anderen mehr. Seine religiöse und politische Genialität zeigte sich in seiner Fähigkeit zur Harmonisierung der westlichen Ideen mit der indischen Tradition. Gandhi ging auf dem Hintergrund seiner religiösen Überzeugungen aus ethisch-moralischen Gründen in die Politik und er wird dafür gerühmt, dass er dem Prinzip Nicht-Gewalt (ahimsa) zur politischen Macht verholfen hat. Das Jahrhunderte lang weltweit dominierende Gegenprinzip „Gewalt“ hat für ihn viele Gesichter, dessen schlimmste Form die Armut ist. Seine Ansichten von dem Primat des Ethischen, Moralischen, Solidarischen, Humanistischen und Politisch-Institutionellen können uns helfen, den Herausforderungen der gegenwärtigen Form der Globalisierung zu begegnen, ohne dass wir seine religiösen Überzeugungen teilen müssen. Seine Warnung vor den sieben Todsünden der Menschheit könnte für Religion, Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Kultur einen Weg zur Minimierung der Gefahren und Nachteile einer Globalisierung weisen, die die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher macht. Sein oft zitierter Gedanke „Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier“ wird häufig als kleines moralisches Machtinstrument verwendet, um dem immer stärkeren Auseinanderklaffen zwischen gierigem Reichtum und Existenz bedrohender Armut entgegen zu wirken. Gandhi beharrte darauf, dass jeder die Tradition und Kultur, in die er geboren wurde, zu respektieren habe, verbunden mit einer ähnlichen Anerkennung anderer Traditionen. Auf sehr anschauliche Weise bringt er das Prinzip der Interkulturalität wie folgt zum Ausdruck: „Ich möchte nicht, dass mein Haus an allen Seiten zugemauert ist und meine Fenster alle verstopft sind. Ich will, dass die Kulturen aller Länder durch mein Haus so unbehindert wie nur möglich wehen. Doch weigere ich mich, von irgendeiner weggeweht zu werden.“6

Anmerkungen:

  1. Wir widmen unseren Beitrag in dankbarer Erinnerung an schöne, humorvolle und lebensfreudige Gespräche dem Gedenken an Karl Konrad Graf von der Groeben-Ponarien, dem Gründer der Stiftung Weltethos. Die Werte Mahatma Gandhis trug er als erfolgreicher Unternehmer zur Orientierung und Mahnung stets bei sich. 
  2. Brief Albert Einsteins an Mahatma Gandhi, im Privatbesitz und mit freundlicher Genehmigung von Saraswati Albano-Müller (geborene Sundaram), der Tochter des von Einstein in dem Brief erwähnten Freundes. 
  3. in: Bartosch, Ulrich (1995):Weltinnenpolitik. Berlin, S. 476. 
  4. vgl. Geerk, Frank (1995): Kongress der Weltweisen – Ein Lesebuch des Humanismus. Düsseldorf, S.21-25. 
  5. vgl. Mall, Ram Adhar (2005): Mahatma Gandhi interkulturell gelesen. Nordhausen. 
  6. zitiert nach: Ebenda, S.45. 

Interkultureller Humanismus für eine neue Aufklärung